Verkauf oder Verbot als Ziel: US-Gesetz gegen TikTok nimmt Fahrt auf (2024)

Verkauf oder Verbot als ZielUS-Gesetz gegen TikTok nimmt Fahrt auf

Das US-Repräsentantenhaus legt nach: Erneut stimmten Demokraten und Republikaner für ein Gesetzesvorhaben, das TikTok massiv unter Druck setzen würde. Im Senat könnte es schon sehr bald ernst werden.

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TikTok hat in den USA weiterhin einen schweren Stand: Ein US-Gesetz, das einen Eigentümerwechsel bei der populären Kurzvideo-App erzwingen soll, könnte bereits in wenigen Tagen in Kraft treten. TikTok würde in diesem Fall eine Verbannung aus amerikanischen App-Stores drohen, wenn die App nach einem Jahr noch immer dem aktuellen Besitzer ByteDance gehören sollte. Das geplante Gesetz würde US-Präsident Joe Biden zudem die Vollmacht verleihen, auch andere Apps als Bedrohung für die nationale Sicherheit einzustufen, wenn diese von einem Land kontrolliert werden, das als feindlich betrachtet wird.

Das US-Repräsentantenhaus stimmte am Samstag für das Gesetzesvorhaben, das in ähnlicher Form bereits im März entsprechend vorangetrieben wurde. Diesmal aber ist es mit anderen Maßnahmen gebündelt, vor allem mit den Milliardenhilfen für die Ukraine, Israel und Taiwan. Dies dürfte nun dafür sorgen, dass das gesamte Gesetzespaket schnell durch den Senat als zweite Kongresskammer kommt und Präsident Biden es danach unterzeichnet. Mit einer Abstimmung im Senat wird ab Dienstag gerechnet. Chuck Schumer, der dortige demokratische Mehrheitsführer, sagte der »Washington Post« in einem schriftlichen Statement, der Senat sei »nun bereit, den nächsten Schritt zu gehen«.

Unklar ist jedoch, ob die Pläne überhaupt vor US-Gerichten Bestand haben würden.

ByteDance wird in den USA parteiübergreifend als chinesisches Unternehmen gesehen, das sich daher im Zweifelsfall dem Willen der Kommunistischen Partei Chinas beugen müsse. Vor diesem Hintergrund wird gewarnt, chinesische Behörden könnten sich in großem Stil Zugriff auf Daten amerikanischer Nutzer verschaffen – und die Plattform auch für politische Einflussnahme nutzen.

Bis zu zwölf statt nur sechs Monate

TikTok selbst weist die Bedenken amerikanischer Politikerinnen und Politiker zurück und betont, es sehe sich nicht als Tochter eines chinesischen Unternehmens. ByteDance sei zu 60 Prozent im Besitz westlicher Investoren. Der Firmensitz liege auf den Cayman-Inseln in der Karibik. Kritiker kontern, dass die chinesischen Gründer bei einem Anteil von 20 Prozent die Kontrolle dank höherer Stimmrechte hielten und ByteDance eine große Zentrale in Peking habe.

Laut den Plänen aus dem März, über die im Senat nicht abgestimmt wurde, hätte ByteDance sechs Monate Zeit dafür bekommen, sich von TikTok zu trennen. Diese Frist wurde als recht kurz angesehen. Der neue Entwurf sieht nun eine Frist von neun Monaten für einen Verkauf vor. Präsident Joe Biden könnte sie noch um drei Monate erweitern. Eine solche Verlängerung würde den Showdown zumindest hinter die Präsidentenwahl Anfang November verlegen.

Bidens Demokraten bringt das Gesetz in eine Zwickmühle: Denn zum einen will der Präsident eine harte Position gegenüber China einnehmen, zum anderen ist die App bei jungen Nutzern populär, deren Stimmen er für eine Wiederwahl im November bekommen will. Bidens Wahlkampfteam eröffnete erst in diesem Jahr selbst einen TikTok-Account.

Das sagt TikTok

»Es ist bedauerlich, dass das US-Repräsentantenhaus den Deckmantel wichtiger ausländischer und humanitärer Hilfe nutzt, um wieder einmal ein Verbotsgesetz durchzudrücken, das die Rechte auf freie Meinungsäußerung von 170 Millionen Amerikanern mit Füßen tritt, sieben Millionen Unternehmen ruiniert und eine Plattform stilllegen würde, die jährlich 24 Milliarden Dollar zur US-Wirtschaft beiträgt«, sagte eine TikTok-Sprecherin.

TikTok war der US-Regierung mit einem Plan entgegengekommen, der vorsieht, dass die Daten amerikanischer Nutzer in den USA gespeichert und der Zugang dazu sowie der Softwarecode der App kontrolliert werden. Doch das »Project Texas« half nicht, die amerikanische Politik zu besänftigen. In Europa gibt es eine ähnliche Initiative mit der Datenspeicherung in Irland. TikTok ist die einzige global erfolgreiche Onlineplattform, die nicht aus den USA stammt.

Nach eigenen Angaben hat TikTok in den USA 170 Millionen Nutzerinnen und Nutzer. Schon Donald Trump versuchte während seiner Amtszeit als US-Präsident, mit Verbotsdrohungen einen Verkauf des US-Geschäfts von TikTok an amerikanische Investoren durchzusetzen. Dieses Vorhaben scheiterte vor allem daran, dass US-Gerichte in den Plänen für ein TikTok-Verbot einen Verstoß gegen die in der US-Verfassung verankerte Redefreiheit vermuteten. Auch ein aktuelles Gesetz im Bundesstaat Montana, das TikTok dort aus den App-Stores verbannen sollte, liegt deswegen auf Eis.

Trump und Musk sind gegen Verbote

Trump ist inzwischen von den Verbotsforderungen abgerückt. TikTok sei ein wichtiges Gegengewicht zu Facebook, das er als einen »Feind des Volkes« betrachte, sagte der Ex-Präsident in einem Interview.

Auch der Eigentümer des Onlinedienstes X, Elon Musk, hatte sich am Freitag gegen ein TikTok-Verbot ausgesprochen. »TikTok sollte in den USA nicht verboten werden, auch wenn ein solches Verbot der Plattform X zugutekommen könnte«, erklärte Musk. Ein solches Verbot würde seiner Ansicht nach gegen die Rede- und Meinungsfreiheit verstoßen.

TikTok-Chef Shou Zi Chew will sich gegen das geplante US-Gesetz wehren. Das Unternehmen werde alles Mögliche unternehmen und rechtliche Mittel einsetzen, um die Plattform zu verteidigen, sagte er. TikTok beharrt darauf, dass das Ziel des Gesetzes ein Verbot der App in den USA sei.

mbö/dpa/AFP

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